Page 8 - Jahrbuch 2020
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Beiträge aus Forschung und Lehre am Fachbereich
Die Folgen der Krise für Jugendliche in schwierigen Lebenslagen
abfedern - ein hochschuldidaktisches Projekt
Philipp Hackstein, Barbara Klocke, Kirsten Müller, Elisabeth von Stechow
Eröffnung / Einleitung die ab März 2020 zum Schutz der Probleme sozialer Ungleichheitslagen
Im diesjährigen Beitrag möchten wir als Gesundheit ergriffen wurden, die soge- in der Schule wirkt.
Abteilung für emotional-soziale Ent- nannten Bildungsverlierer im besonde-
wicklung ein innovatives Seminarkon- ren Maße und mehrfacher Hinsicht Das Projekt
zept des Sommersemesters 2020 vor- belastet: Durchweg bedürfen die Als situationsorientierte und kurzfristige
stellen. Anlass war, dass die betroffenen Kinder und ihre Familien Intervention konnte im SoSe 2020 ein
Maßnahmen rund um die COVID-19 stärker der Hilfe des sozialen Netzes, Seminar des Studiums für das Lehramt
Krise sowohl den Hoch- als auch den welche durch die vollständige Schlie- an Förderschulen im Schwerpunkt
Schulbetrieb massiv verändert haben ßung aller Einrichtungen wegfiel. Beeinträchtigung der emotional-sozia-
und so an eine Präsenzlehre zu diesem Gleichzeitig geht mit einem niedrigeren len Entwicklung modifiziert angeboten
Zeitpunkt ebenso wenig zu denken war sozio-ökonomischen Stand ein höheres werden. Im Regelbetrieb beinhaltet das
wie an praxisorientierte Seminarkon- Risiko einher, an COVID-19 zu erkran- Seminar eine Förderung von Schülerin-
zepte für den regulären Schulunterricht. ken (vgl. Richter, 2020). Und schließlich nen und Schülern in Schulen durch die
Das folgende Projekt ist aus dieser verstärken Maßnahmen wie Kurzarbeit Studierenden, welche durch Lehrende
Situation heraus entstanden, um auf und auch Home-office die Problemla- der Abteilung begleitet wird. Im
der einen Seite sozial benachteiligten gen der sozialen Ungleichheit in den Zusammenhang mit den Schulschlie-
Schülerinnen und Schülern ein Unter- Familien (vgl. Möhring, 2020). Durch die ßungen konnte diese Förderung nicht
stützungsangebot machen zu können, längerfristige Schließung der Schulen wie gewohnt stattfinden.
auf der anderen Seite eine Alternative ist die soziale Isolation in einem mit- Zusammen mit einem lokalen Koopera-
für ein eigentlich schulisch orientiertes unter bedrückenden bzw. im schlimms- tionspartner der außerschulischen
Praxisseminar der Hochschullehre ten Fall prekären und gewaltsamen Jugendhilfe konnte eine Unterstüt-
anbieten zu können. Elternhaus ein weiterer bedrohlicher zungsmaßnahme für Kinder- und
Belastungsfaktor für die betroffenen Jugendliche entwickelt werden, bei der
Krise als Katalysator Kinder und Jugendlichen (zu einem diese einzeln oder zu zweit in ihrem
Die gegenwärtige Krise trifft – wie alle möglichen Anstieg siehe Steinert & häuslichen Umfeld oder einem nahege-
Krisen – diejenigen am härtesten, die Ebert, 2020). legenen Gemeindehaus o.ä. Unterstüt-
auch ansonsten bereits einen deutlich Vor diesem Hintergrund kann die Ver- zung bei den Hausaufgaben bekom-
erschwerten Lebens- und Schulalltag mutung geäußert werden, dass sowohl men konnten, mit ihren studentischen
haben (siehe z.B. Hurrelmann & Doh- die gesundheitliche Krise an sich, die BetreuerInnen über ihren Alltag spra-
men, 2020). Das gilt sowohl für die Auswirkungen der Schließung von chen, spielten und Ausflüge machten.
sozialen als auch für die bildungsbezo- Schulen wie auch die Einschränkungen Die Studierenden wurden dabei sowohl
genen Auswirkungen der Krise um in den unterstützenden Systemen als von den MitarbeiterInnen der Jugend-
COVID-19. So haben die Maßnahmen, Katalysator für bereits bestehende hilfeeinrichtung beraten, die die betrof-
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